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Stand der Technik lehrt manchmal weniger als angegeben ist

7. Oktober 2024

Bei der Prüfung einer Patentanmeldung wird beurteilt, ob eine in einem Patentanspruch beschriebene Erfindung neu ist gegenüber einer Entgegenhaltung. In der Entscheidung „Prägeblech“ (X ZR 42/22) hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt, dass für die Ermittlung des Offenbarungsgehalts der Entgegenhaltung einzelne Formulierungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Sie sind vielmehr im Kontext des gesamten Inhalts der Entgegenhaltung zu würdigen.

Im vorliegenden Fall war in einigen Patentansprüchen der Entgegenhaltung beschrieben, dass eine „…Vertiefung und/oder eine Erhebung…“ vorliegen kann. In der Entgegenhaltung war jedoch stets nur die Version „…Vertiefung oder Erhebung…“ näher beschrieben und gezeigt. Der BGH hat entschieden, dass damit auch nur die Version „…Vertiefung oder Erhebung…“ offenbart sei. Im Ergebnis legt der BGH damit das „und/oder“ im Sinne eines „oder“ aus.

Aus diesseitiger Sicht schießt diese Vorgehensweise übers Ziel hinaus. Festzuhalten bleibt in jedem Fall, dass bei der Bewertung des Offenbarungsgehalts einer Entgegenhaltung stets auf die Gesamtaussage der Entgegenhaltung abzustellen ist (Fortführung der Rechtsprechung „Bitdatenreduktion II“ und „Anzeigemonitor“).